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Heft 31: Liebeszauber

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Heft 31
 
März 2014 Schwerpunkt:  Liebeszauber
 
  • Horst Obleser: Der Pfeil des Eros
  • Brigitte Dorst: Verbotene Liebe – Der Mythos von Lancelot und Ginevra
  • Thomas Schwind: Eros und Begehren
  • Hinderk Emrich: Liebe und Berührung – Zur Tiefenpsychologie von Nähe und Distanz
  • Barbara Gollwitzer: Liebe und ihre Wandlungen in der Analytischen Psychologie
  • Beate Kortendieck-Rasche: Das ungleiche Paar – Alter Mann und junges Mädchen
  • Hans Jellouschek: Lange Liebe? Wenn Paare älter werden
  • Gottfried Lutz: Selbstliebe bei Menschen mit Behinderung
  • Roland Weber: Vom Verschwinden der Liebe
  • Konstantin Rößler: Segen und Fluch der Elternliebe
  • Christiane Lutz: Geschwister – Liebe und Leid – ein archetypisches Thema
  • Sandra Jovicic: Liebe geht durch den Magen
  • Helen I. Bachmann: Komm, geliebte Katze

  • FÜR SIE GESEHEN
    Dieter Volk: „Il Postino – Der Postmann“ – oder die Liebe zur Poesie | Ein Film von Michael Radford
  • FÜR SIE GELESEN
    Annette Kuptz-Klimpel: Rabenliebe von Peter Wawerzinek
 
Editorial:
 
Liebe Leserinnen und Leser,
  
zunächst eine kurze Information in eigener Sache:
Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, haben wir das Erscheinungsdatum des Jung-Journals verändert. Ab diesem Jahr werden die Hefte jeweils zum März (Frühlingsausgabe) und September (Herbstausgabe) erscheinen. Diese Erscheinungsweise ist zwar vor allem organisatorisch bedingt, erscheint uns aber auch inhaltlich sehr stimmig.
 
Das aktuelle Heft beschäftigt sich mit dem Zauber und dem Mysterium der Liebe, dem Mysterium, das die Menschen seit Urzeiten intensiv in Sehnsucht, höchstem Glück und tiefstem Leid beschäftigt hat und wohl auch in Zukunft noch weiter beschäftigen wird, ohne dass sich eine endgültige „Lösung" für alle damit verbundenen Konflikte abzuzeichnen scheint. C. G. Jung hat sich am Ende seines Lebens sehr zurückhaltend zum Thema Liebe geäußert:
 
... ich vermochte es nie, eine gültige Antwort darauf zu geben. [...] Es geht hier um Größtes und Kleinstes, Fernstes und Nahestes, Höchstes und Tiefstes, und nie kann das eine ohne das andere gesagt werden. Keine Sprache ist dieser Paradoxie gewachsen. Was immer man sagen kann, kein Wort drückt das Ganze aus. [...]
Der Mensch als Teil begreift das Ganze nicht. Er ist ihm unterlegen. Er mag Ja sagen oder sich empören; immer aber ist er darin befangen und eingeschlossen. Immer hängt er davon ab und ist davon begründet. Die Liebe ist sein Licht und seine Finsternis, deren Ende er nicht absieht.
(Jaffé, Jung 1961, Erinnerungen, S. 356)
 
Der Begriff der Liebe umfasst viele Facetten. Martin Luther, in dessen Zeit der Begriff Liebe in der deutschen Sprache den Begriff Minne abgelöst hatte, sagte, die Liebe sei „nichts anders, denn von Herzen einem günstig und hold sein, und alle Güte und Freundschaft erbieten und erzeigen.
 
Neben tiefer Zuneigung und Wertschätzung kann das Wort zugleich Verliebtheit, das Liebesabenteuer, das Liebesspiel, und die Liebelei oder das Liebesverhältnis, Leidenschaft und Sexualität bezeichnen und ebenso Gefühlsregungen wie Selbst- oder Eigenliebe, Elternliebe, Feindesliebe, Freiheitsliebe, Menschenliebe etc. meinen. Die Formen der Liebe sind schier unzählbar: heiße, herzliche, inbrünstige, heimliche Liebe, endlose oder unendliche, ewige, wahre, unerschütterliche und unsterbliche Liebe, unerfüllte, unglückliche und falsche Liebe, die Liebeskummer, Liebesqual und Liebespein hervorrufen.
 
Wir verlangen Liebesbeweise, Liebesschwüre, leben von Luft und Liebe, möchten auch schon mal den anderen vor Liebe auffressen. Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen, was auf unsere früheste intime Liebesbeziehung mit unserer Mutter beim Stillakt hinweist.
 
Wir können Liebe hegen, fühlen, empfinden, sie geben, erhalten, empfangen. Wir können uns ihr ergeben, uns ihr opfern. Sie verzaubert und bezaubert. Liebe ergreift, fesselt oder kettet, entflammt, entzündet sich, erglüht, entbrennt und brennt, erkaltet und erlischt. Wir können sie fordern, aber auf keinen Fall können wir sie erzwingen, ebensowenig wie wir sie vermeiden können.
 
Die Liebe findet sich, wenn man einmal beisammen ist und vertraut miteinander wird. Liebe erlebt ein Mensch nicht nur gegenüber einem anderen Menschen, sondern auch gegenüber einem Tier, einer Sache, einem Tun oder Projekt, einer Eigenschaft, einem Wert oder einer abstrakten Idee und auch gegenüber sich selbst. Liebe geht über den sozialen und pragmatischen Nutzen ihres Objektes weit hinaus, indem sie aktiv und tätig ist. Sie wartet nicht auf den oder das andere, sondern ist initiativ, geht ihm entgegen.
 
Selbstliebe kann zwar pathogen als überwertiger Narzissmus entarten, wird aber zugleich als Basis zur Fähigkeit zu lieben und Basis der Nächstenliebe angesehen. Erich Fromm deutet Selbstsucht als Selbsthass und sieht auch das Gegenteil, die zu starke Selbstlosigkeit als pathologisch. Nächstenliebe ist nur möglich auf der Basis von Selbstliebe.
 
Eine ganz allgemeine Definition der Liebe könnte etwa lauten: Liebe bezeichnet zum einen eine starke und stärkste, erregende, faszinierende und bewegende Emotion der Zuneigung, Begeisterung, Beglückung und Leidenschaft, wie auch – zum anderen – eine grundsätzliche Einstellung von vertrauensvoller, wohlwollender Beziehung, Verbundenheit und Wertschätzung von oder für jemanden oder auch für etwas z. B. gegenüber der Natur, dem Leben oder gegenüber einem Göttlichen.
 
Dieser zweite Aspekt ist meist mit keiner heftigen Emotion verbunden, sondern äußert sich eher in ruhiger, stiller, gelassener Weise. In spirituellen Zusammenhängen wird oft auch eine selbst- und objektlose Liebe beschrieben, die z. B. erfahren wird im Sich-Öffnen gegenüber dem Einfach-Da-und-So-Seienden und der ganzen Schöpfung.
Auch im Rahmen der Analytischen Psychologie gibt es Ansätze, dem Faszinosum der Liebe näher zu kommen, denken wir an die Bedeutung des Eros-Prinzips und des Weiblichen, die in der Analytischen Psychologie schon früh einen wichtigen Platz eingenommen haben, oder denken wir an Jungs Alterswerk Mysterium Coniunctionis, in dem es ganz wesentlich um die Vereinigung der Gegensätze, insbesondere auch der weiblichen und männlichen Prinzipien im Selbst geht.
 
In diesen Kontext gehört auch das Anima- Animus-Konzept. Es gibt keine klare Übereinkunft darüber, wie sich Anima und Animus am besten definieren lassen. Ein gemeinsamer Nenner könnte aber darin liegen, dass es sich bei ihnen um machtvolle archetypische Sehnsuchts- und Motivationsbilder vom weiblichen bzw. männlichen Prinzip in uns handelt, mit dem wir offenbar höchste Erfüllung, Einheit und Ganzheit verbinden und die wir auf den anderen Partner oder auch auf andere Menschen, Tiere oder Objekte projizieren.
 
Im Zustand der heftigen Liebe ist diese Projektion so stark, dass wir der sicheren und unerschütterlichen Überzeugung sind, im geliebten Partner oder Objekt endlich am Ziel unserer Sehnsucht angekommen zu sein, dies umso mehr, als der Partner das gleiche Erleben hat.
 
So gesehen basiert das ewige Traumpaar, das in unendlich vielen Mythen, Märchen, Filmen, Gedichten und Liedern fantasiert und ersehnt wird und dessen projektionsbildende Kraft für so viele Dramen, so viel Glück und Schmerz, so viele Irrungen und Wirrungen in unserem Leben verantwortlich ist, auf der Wirkung der Anima-Animus-Projektionen.
 
Ob sich, wenn schon nicht Außen mit einem anderen Menschen, so doch wenigstens innerpsychisch, die „heilige Hochzeit" von uns mit unserer Anima und unserem Animus jemals vollziehen lässt, ob sie jemals restlos, ganz und vollständig „integriert" werden können, so dass sie nicht mehr projiziert werden, muss aber fraglich bleiben.
 
Auch in rein biologisch-evolutionärer Hinsicht müssten sie ja offene, letztlich nicht auflösbare Faszinations- und Motivationssysteme sein, die uns durch Projektion fortwährend in die biologische wie geistige Fortpflanzung, ins schöpferische Leben zu ziehen versuchen. So wird uns das Glück des „Hieros gamos", der heiligen Hochzeit, immer nur in wenigen besonderen Momenten geschenkt. Und dann geht die Sehnsucht nach der Ganzheit des Selbst weiter ...
 
„Der Eros ist ein großer Dämon", wie die weise Diotima zu Sokrates sagt. Man wird mit ihm nie ganz fertig, oder man wird nur zum eigenen Schaden mit ihm fertig. (Jung, GW 7, § 33)
 
So wünschen wir Ihnen und uns, dass uns der Eros in seinen vielen Formen und Facetten noch lange schöpferisch bleibt und uns unsere Sehnsucht nach dem „Mysterium Coniunctionis", der Ganzheit des Selbst, lebendig erhält.
 
Ihre
Anette und Lutz Müller
 
 
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